Wenn man Chancen nicht nutzt – aus Angst vor Ablehnung

Die Kanadierin Nora Profit besuchte in jüngeren Jahren ein Musical mit der damals wenig bekannten Salome Bay (diese ist heute eine berühmte kanadische Sängerin und Songwriterin). Nora war begeistert von Salome’s Stimme und der festen Überzeugung eine sehr große Sängerin entdeckt zu haben. Beim Blick in das Theater stellte Nora fest, dass die Hälfte aller Plätze frei waren und sie war über das spärliche Publikum so enttäuscht, dass sie sich entschloß Salome Bay zu unterstützen, indem sie einen Artikel über sie schreiben würde.

Nora Profit rief am nächsten Tag Salome Bay an, gab vor für das damals sehr bekannte Magazin Essence zu schreiben, für das sie nach einem Interview einen Artikel über Salome Bay’s Gesangskariere schreiben wolle. Salome Bay willigte ein und lud sie sowohl für den nächsten Tag in das Studio ein, wo zu der Zeit ihr viertes Album aufgenommen wurde wie auch zu einem Benefizkonzert auf dem Hügel von Staten Island. Sie bat darüber hinaus auch darum, dass Nora Profit ihre Fotografin mitbringen möge.

Nun geriet Nora Profit ins Wanken, zum einen war sie weder eine professionelle Redakteurin noch arbeitete sie für das Magazin Essence. Daher hatte sie auch keine Fotografin und geriet in große Selbstzweifel über ihr forsches Verhalten. Durch Zufall erfuhr sie aber, dass ihre Freundin Barbara gelernte Fotografin war und sie überredete sie zu dem Treffen mitzukommen.

Auf der Benefizveranstaltung machte Barbara am laufenden Band Fotos, während Nora Profit auf einem gelben Notizblock Aufzeichnungen machte und recht unprofessionell wirkend jede Frage begann mit „Können Sie mir sagen …“. Nora war über alle Maßen aufgeregt und brauchte lange um sich, nachdem das Interview und die Benefizveranstaltung beendet waren, zu beruhigen. Ihre strenge innere Stimme sagte immer wieder zu ihr: „Du hast gelogen! Du bist keine Redakteurin! Du hast bisher nichts geschrieben, nicht einmal eine anständige Einkaufsliste! Du wirst das hier niemals durchziehen!“.

Tagelang mühte sich Nora Profit mit dem Entwurf für den Artikel ab, verwarf ihn und schrieb ihn unzählige Male neu. Schiesslich stopfte sie das fein säuberlich getippte Manuskript in einen Briefumschlag und schickte es zu Essence mit addressiertem und beigefügtem frankierten Rückumschlag.

Innerlich verfolgten sie Gedanken einer ablehnenden Antwort mit dem Stempel „Unqualifiziert“.

angst_v_ablDrei Wochen später erhielt sie das Manuskript mit ihrer eigenen Handschrift zurück und gleich kamen die ablehnenden Gedanken, die sie daran hinderten den Briefumschlag zu öffnen: „Was für eine Beleidigung! Wir konnte ich nur annehmen mit einer Welt von professionellen Redakteuren zu konkurrieren! Wie dumm von mir! “

Nora Profit war in völliger Gewissheit, dass ihr Manuskript abgelehnt wurde und warf den Umschlag ungeöffnet in eine Ecke.

Fünf Jahre später räumte Nora ihre Wohnung auf, da sie in Kürze aus beruflichen Gründen umziehen wollte. Sie fand einen ungeöffneten Umschlag, der an sie selbst adressiert war. Aus Neugier öffnete sie den Umschlag, fand ihr altes Manuskript und den Beibrief des Chefredakteurs:

Sehr geehrte Frau Profit,

Ihre Story über Salome Bay ist fantastisch. Wir brauchen einige zusätzliche Zitate. Fügen Sie diese bitte an und schicken Sie den Artikel umgehend zurück. Wir möchten die Story in der nächsten Ausgabe veröffentlichen.

Noras Angst vor Ablehnung hatte sie jahrelang daran gehindert produktiv zu schreiben wie auch eine Karriere als professionelle Redakteurin zu starten.

Heute ist sie übrigens eine bekannte kanadische Autorin und leitet eine Schule für angehende Schrifsteller.

Die Angst vor Ablehnung ist schlimmer als die Ablehnung selbst.

(Nora Profit)

Die Geschichte stammt leicht umformuliert aus „Das große Hühnersuppen Lesebuch“ von Jack Canfield.

Autorin: Dr. Angelika Berger, www.balesakademie.de

Foto: Tim Reckmann, pixelio